Lebenslauf



Ich möchte hier mal den Verlauf meines Lebens anreißen. Andere hätten diese Ereignisse bestimmt leichter
einstecken können, ich konnte das leider nicht. Deswegen haben schon "kleinere" Dinge ausgereicht,
um aus mir das zu machen was ich heute bin.

- 1985/87: Brachte mich meine Mutter (I. - damals 18) in Sachsen Anhalt auf die Welt.
  Von meinem Erzeuger (H.) war ich ungewollt weil ich kein Junge war.
  H. Schlug und vergewaltigte (angeblich -  da sich diese Aussage immer ein wenig änderte)
  meine Mutter – schwanger
  Meine Mutter wollte das Kind nicht – H. drohte deswegen sie umzubringen

- 1988: Wurde mein Bruder (Ma.) geboren.
  H. fing an auch mich zu schlagen.
  Meine Mutter reichte die Scheidung ein.

- 1991: Lernte meine Mutter einen neuen Mann kennen (M.)
  erneute Schwangerschaft - Hochzeit

- 1992: Mein Bruder (K.) wurde  geboren.
  M. fing an meinen Bruder Ma. zu schlagen
  Das ging so weit dass Ma. sich abends im Bett die Haare raus riss, seinen Kopf immer und immer
  wieder gegen das Kopfteil seines Bettes rammte
  und er sich sein Geschlechtsteil grün und blau schlug.
  (wegen letzteres vermute ich dass mein Bruder mehr ertragen musste außer Schläge -
  dafür gab es jedoch nie einen Beweis)
  Meine Mutter versuchte nicht uns zu schützen - schaute tatenlos zu.

- 1992/93: M. misshandelte Ma. so stark dass dieser mit einen gebrochenen Arm
  ins Krankenhaus musste - Staatsanwaltschaft schaltete sich ein
  Der erste Verdacht lag bei meiner Mutter - konnte jedoch schnell geklärt werden
  M. wurde angezeigt. Freispruch - fehlende Beweise
  (M. wiederholte später über viele Jahre immer wieder "ihr konntet mir nichts nachweisen")
  Meine Großeltern, besonders meine Oma, beeinflussten meine Mutter so stark
  dass diese das Sorgerecht für Ma. an ihre Mutter abtrat.
  Was ihr vermutlich nicht sonderlich schwer gefallen war,
  da sie nie eine mütterliche Bindung zu ihm aufbaute.
  Aber mein Bruder konnte dort wenigstens ohne weitere Gewalt aufwachsen.
  Dennoch ein Verlust den ich bis heute nicht ertrage.
  M. tötete auf grausame Weise meine Haustiere (Mäuse)
  Umzug in einer anderen Stadt

Ab hier verschwimmen die Jahre und ich kann Ereignisse kaum noch entsprechenden Jahren zuordnen.

- 1994: M. wurde immer strenger und fing an meine Mutter zu schlagen und immer massiver zu beleidigen
  Ab und an gab es auch für mich Schläge
  Meine Mutter freundete sich mit C. (weiblich) an
  M. verjagte meine Katze

- 1995: Ich wurde zum persönlichen Babysitter von meinem Bruder K. gemacht.
  Musste mit ihm bei Wind und Wetter auf den Hof. Immer wieder klingelte ich an der Tür
  und fragte  ob wir nun wieder rein dürften.
  Das so ersehnte "ja" gab es aber oft erst nach ein paar Stunden.
  Ab hier merkte ich deutlich dass ich "unter" meinem Bruder stand, da er das leibliche Kind von M. war.
  Mir wurde vieles verboten und mein Bruder durfte fast alles.
  Hat er Mist gemacht bekam ich den Ärger dafür.
  Ich fing an meinen Bruder zu hassen. Nur in einer Sache waren wir gleich,
  wir wurden beide in unser Zimmer eingesperrt wenn M. und I. ihre Ruhe wollten.
  Hänseleien in der Schule weil ich keine moderne Kleidung hatte.
  Erste Gedanken an Selbstmord

- 1995/96: M. gab mir ständig Hausarrest (die Hofgänge mit meinem Bruder musste ich trotzdem machen -
  oh Gott wie hab ich diesen schmalen tristen Hof gehasst)
  Freunde wendeten sich wegen M. von mir ab, da er stets und ständig über die kleinsten Sachen meckerte,
  und selbst meine Freunde anschrie und beleidigte.
  Seine Schläge wurden härter - riesiger Bluterguss über meinen Hintern

- 1997/98: M. brachte meine Hündin in einem Park und band sie an einem Baum fest.
  Zum Glück fand man die kleine, so konnte sie später an andere Leute vermittelt werden.
  I. trennte sich endlich von M., ging aber eine Beziehung mit  C. ein, die nebenan wohnte.
  C. war/ist Alkoholikerin - I. trank oft mit,
  Als Kind hatte ich oft Angst dass wir bald eine Alkoholsüchtige Mutter hätten.
  (nie eingetroffen)
  Da C. zwar anfangs ein sehr nette Person war, aber im alkoholisierten Zustand nicht zu ertragen war,
  und mein Bruder nicht zu ihr wollte, blieben wir bei M.
  Ich entwickelte dummerweise Mitleid zu M. und wollte auch nicht ohne meinen Bruder von ihm weg.
  Nicht noch einen Bruder verlieren und ihn nicht alleine lassen.
  M. wurde immer netter zu mir und jammerte meiner Mutter nach.
  Zu meinem Bruder wurde er etwas strenger, wodurch sich auch mein Verhältnis zu K. besserte.
  Ständig heulte M. wegen der Trennung - mein Mitleid wuchs (Idiotin!)
  Er betonte immer wieder wie glücklich er sei,
  dass wir bei ihm bleiben und er uns nicht auch noch verlieren möchte.
  Die Hänseleien wurden schlimmer. Neben der Kleidung war nun auch die Sexualität
  von I. ein Grund. Ich fing an die Schule zu schwänzen.
  Ich merkte Veränderungen an mir - dazu fing ich an mir die Haare raus zu reißen und die Beine aufzukratzen
 
- 1998/99: Die Leute in der Straße fingen an zu behaupten,
  ich hätte eine Beziehung mit M. (Allein der Gedanke ist widerlich und kaum zu ertragen)
  Die ersten Schnitte am Arm.
  Das Verhältnis zu meiner Mutter wurde schlechter, da C. oft den Kontakt unterband.
  M. fing an in mir meine Mutter zu sehen. Ich übernahm den Haushalt und die Mutterrolle für K.
  Schwänzte immer öfter die Schule.
  Die Klasse konnte ich nicht wechseln da die anderen Klassen überfüllt waren.
  Auch die Schule konnte ich nicht wechseln.
  Es blieb nur ein Wechsel von der Realschulklasse in die Hauptschulklasse.
  Ich Trottel dachte noch "Hauptschule klingt wichtiger - dort gibt es bestimmt mehr zu lernen".
  Aufgeklärt hatte mich keiner.
  Wir hatten oft nichts zu essen da M. das Geld lieber überall hin verlieh,
  anstatt für einen vollen Kühlschrank zu sorgen.
  Erster Kontakt mit Psychologin - Vermutung Borderline

- 1999/2000: Meine Mutter zog mit C. nach Mecklenburg Vorpommern.
  Ihre Versuche uns zu überreden dass wir sie begleiten schlugen fehl.
  K. wollte nicht von seinen Freunden weg, noch dazu beeinflusst und erkauft von M.
  Und ich wollte nicht von K. weg und ihn bei M. allein lassen.
  Zur Schule ging ich überhaupt nicht mehr. Suchte in anderen Personen Mütter und Väter
  und beim Schneiden am Arm, blieb es nicht mehr bei nur einer Schnittwunde.
  Ich hing täglich bis spät in die Nacht in einer Kneipe rum und stand kurz vor einer Alkoholsucht.
  Erster Kontakt mit Drogen. Meine Mutter reichte die Scheidung ein,
  die von M. ständig abgeschmettert wurde.
 
Zu der Zeit wünschte ich mir ein Laptop. M. meinte er würde sich überlegen
was ich machen könnte, damit er was beisteuert.
Ich hatte ein mulmiges Gefühl aber dachte es wäre dann etwas wie:
mehr im Haushalt helfen (obwohl "mehr" kaum möglich war)
Irgendwann mal war er im Badezimmer und rasierte sich den Bart.
Er rief mich zu sich und setze sich auf den Rand der Badewanne. Ich sollte mich dazu setzen.
Ich werde nie vergessen wie seine Hände, schweißnass und voller Hornhaut, nach meinen griffen
und er folgende Worte sagte: "Du kannst dein Laptop haben wenn du mir mit deiner Hand einen runter holst"
Völlig geschockt rannte ich aus dem Bad in mein Zimmer.
Zum Glück kam in diesem Moment ein Freund von M. zu Besuch. 
Später kam M. mit der Ausrede dass das Jugendamt zu ihm gesagt hätte,
er solle mir dieses Angebot machen.
Angeblich um mich zu schocken damit wir zu unserer Mutter ziehen. (Spinner)
In der Nacht saß ich auf meinem Fensterbrett und suchte verzweifelt nach den Mut, springen zu können.
Hatte aber Angst mit schweren Verletzungen und bleibenden Schäden zu überleben,
und ein wenig Angst davor dass es doch noch ein schönes Leben werden könnte
und ich dieses somit verpasse. Mein erstes extremes Tief.

Nach einem Gespräch mit meinem Bruder, der nun endlich bereit war zu I. zu ziehen,
rief ich sie an und teilte ihr mit dass sie uns holen soll. Das war dann auch zum Glück schnell getan
und wir konnten endlich weg von M. Ich hoffte auf positive Veränderungen in unserem Leben.
Endlich mal so etwas wie eine Familie haben. Aber das blieb nur ein Wunsch.

- 2000/01: Neue Schule - neuer Versuch
  Das Verhältnis zu meiner Mutter wurde wieder etwas besser - allerdings nie wie es sein sollte.
  C. war schnell genervt von uns. Fing an wie M. bei jeder Kleinigkeit zu meckern.
  Sie stellte uns hin als wären wir kleine Monster die nur dazu da waren,
  ihr das Leben schwer zu machen. Wärme in dieser "Familie"         
  gab es nicht. Wenn wir aus der Schule kamen gab es kein "was habt ihr heute so gemacht"
  wonach ich mich so sehr gesehnt hab - positives Interesse.
  Stattdessen mussten wir uns Beleidigungen und Gemecker anhören sobald wir durch die Tür kamen.
  Lieblingsbegriffe von C. für meinen Bruder (zu der Zeit 8/9 Jahre mit ADHS) Dreckschwein,
  Assi und Bekloppter. Für mich hatte sie Dreckschlampe, Dreckschwein und Assi.
  Ich schwänzte wieder die Schule, einmal weil mich der Stoff langweilte zum anderen weil es damals zwei
  Typen in der Klasse gab, die es besonders witzig fanden,
  ein paar von uns die Zeit in der Schule so schwer wie möglich zu machen. (Ich liebe es vor Konflikten zu fliehen)
  Ich schneidete mich immer öfter.
  Durch Umgangsrecht zwischen K. und M. weiterhin Kontakt zu M.
  Mein Bruder musste 1-2 mal im Monat zu ihm. Ich habe ihn immer begleitet.
  M. zog für ein paar Monate in die Stadt in der wir lebten. Einmal schrie er K. an und verängstigte ihn.
  Danach ging M. auf den Balkon, ich war so verzweifelt und wütend dass ich ernsthaft mit dem Gedanken
  spielte, ihn vom Balkon zu stoßen um diesen Menschen nicht mehr ertragen zu müssen
 
- 2001-03: Mein Bruder und ich wurden mit dem billigsten vom Billigsten abgespeist
  und C. nahm sich nur das Beste. Bsp: Ich brauchte unbedingt eine Brille - gab es nicht, zu teuer.
  C. wollte eine Lederhose (echtes Leder, Wert über 100 €) das war natürlich möglich.
  Somit kam das Gefühl auf dass wir für C. nur Geld bringen sollten, aber nichts kosten durften.
  Die Beschimpfungen nahmen zu.
  Ich flog von der Schule. Den Abschluss hab ich kurze Zeit später aber nachholen können.
  Die Scheidung konnte endlich vollzogen werden.

- 2004: Ich konnte C. nicht mehr ertragen und zog mit meinen damaligen Freund (S.) nach Brandenburg.
  Er hatte dort Arbeit gefunden. Mein Bruder musste nun den ganzen Frust von C. alleine tragen.
  Die Jahre haben auch an ihn deutliche Spuren hinterlassen. M. erkrankte an Krebs.
  Es dauerte nicht lange, da amputierten die Ärzte sein Bein bis zum Knie.
  Und wieder hatte ich Mitleid mit diesem Menschen.

- 2005/06: M. starb - meine Uroma sagte immer "Mühlen mahlen langsam aber gerecht"
  Die Beziehung zu S. nervte mich. Ich war nicht glücklich mit ihm, trennte mich aber nicht von S.
  aus Angst davor allein zu sein. Liebe empfand ich nicht für ihn. Für mich war er nur ein Freund.
  Verständnis hatte er auch nicht für mich. Sobald ich mich geschnitten hatte,
  haute er auf die Stellen und meinte "Du sollst das nicht tun".

- 2007/08: Im Dezember lernte ich meinen jetzigen Freund kennen. Schon im Juni zog ich zu ihm.

Hier lebe ich nun. Meine Problemchen wurden immer schlimmer. Mein Freund unterstützt mich,
aber glücklich ist er mit der Situation bestimmt auch nicht. Überall muss er alleine hin. Einkaufen,
zu Freunden oder Feiern, zu Veranstaltungen usw. Unsere Beziehung hat damit schwer zu kämpfen,
denn sie spielt sich nur in unserer Wohnung ab. Der Alltag nagt an ihr.


Zu den Personen:


Gelöscht wegen zu vieler Veränderungen

An dieser Stelle eine Entschuldigung für die vielen Worte.
Ich versuchte mich möglichst kurz zu fassen und ließ einiges aus.
Doch ich konnte es mir nicht verkneifen noch ein paar Dinge zu den Personen in meinem Leben zu erzählen.
Auch wenn ich gerne noch mehr über sie geschrieben hätte, so muss ich doch trotzdem mal ein Ende finden.
Sollte es jemand bis hierher geschafft haben: Danke für die Ausdauer und das Interesse.
Ich hoffe ich konnte einen guten und verständlichen Eindruck in mein Leben geben.

Liebe Grüße

9 Kommentare:

  1. Danke für den Lebenslauf.
    Danke für deinen Mut, und deine Ehrlichkeit.

    :)

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  2. Absolut toll geschrieben :)
    und sehr bewegend...

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  3. In mir kam nun die Frage auf warum man dir geraten hat ein Tagebuch zu schreiben?
    Dein Lebenslauf erschüttert und bewegt macht aber auch Hoffnung wünsch dir viel Glück und weiterhin Mut.

    lg Claudia

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    1. Man hat mir dazu geraten weil ich mich den Personen in meinem Umfeld nicht öffnen kann. Und somit kann ich nicht wirklich über meine Ängste usw reden. Ein Tagebuch sollte die Möglichkeit sein mir alles von der Seele zu schreiben. :)

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    2. Okay das macht Sinn - danke für deine Antwort!

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  4. Ein Tagebuch zu führen ist eine gute Entscheidung, weil es dir dabei hilft, Ereignisse zu verarbeiten. Ein Tagebuch ist wie ein stiller Zuhörer, dem man alles mitteilen kann...

    Dass du einen so detaillierten Lebenslauf geschrieben hast zeugt von einem starken Charakter!

    Lg

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  5. Wirklich unfassbar, sowas zu lesen tut einem im Herzen weh..
    Ich hoffe wirklich, dass du Hilfe bekommst und den Mut nie verlierst. Man kann immer etwas ändern, wenn man will. Gut, dass du jemanden an deiner Seite hast, der dir beisteht, ist sicherlich auch nicht einfach für ihm.
    Dass man sehr lange auf ein Therapieplatz warten muss, ist (leider) normal, das hat nichts mit dir oder sonstwem zu tun! Hier in Berlin gibt es glücklicherweise viele Hilfestellen, an denen man sich wenden kann.
    Viel Glück und Erfolg...
    LG

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  6. Voll schön geschrieben und sehr ausführlich. Das "von der Seele Schreiben" bewirkt oft Wunder also mach immer schön weiter damit. Ich wünsche Dir alles Gute und noch ganz viel Glück und Freude für deinen weiteren Weg. So und hiermit hast Du eine neue Leserin für dich gewonnen :)

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  7. Sehr erschütternd, mir hat es mehrmals einen kalten Schauer durch den Körper gejagt, deine Erlebnisse durchzulesen. Alles Liebe, alles Gute.

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